Medienmitteilung Parc Ela, Tiefencastel, 31. Januar 2011
Ohne Änderungen bei den Direktzahlungen an die Bauern wird die Biodiversität im Berggebiet weiter abnehmen. Das sagte Biodiversitätsfachmann Professor Jürg Stöcklin von der Universität Basel an einem Vortrag im Parc Ela.
Die Landschaft im Schweizer Berggebiet ist heute geprägt durch Dörfer, Wiesen, Weiden und Wälder. Die unterschiedliche Nutzung der Flächen führt zu einer hohen Artenvielfalt. Doch diese wird durch zwei gegensätzliche Entwicklungen bedroht. Einerseits werden die landwirtschaftlichen Flächen im Tal immer intensiver genutzt und gedüngt. Andererseits werden schöne, artenreiche Flächen an Steilhängen aufgegeben und verbuschen deshalb. „Die derzeitige Entwicklung widerspricht dem, was die Schweizer Verfassung vorschreibt und die Bevölkerung und die Touristen wollen“, sagte Professor Jürg Stöcklin an seinem Vortrag vom Samstag, 29. Januar, vor einem interessierten Publikum in der Sala Segantini in Savognin.
Er schlägt deshalb vor, dass ökologische Leistungen künftig stärker bei den Direktzahlungen an die Landwirte berücksichtigt werden als heute – ohne dass dabei der bürokratische Aufwand für den einzelnen Landwirten steigt. Denn ändert sich nichts, werden die artenreichen Flächen im Berggebiet bis im Jahr 2017 um weitere 23 Prozent abnehmen. Bei einer Einstellung der Direktzahlungen an die Landwirte, wie sie neoliberale Denker vorschlagen, würden gar 85 Prozent der artenreichen Flächen verschwinden. Innert Jahren würden die heutigen Wiesen und Weiden zu Wald, das Berggebiet würde sein charakteristisches Aussehen verlieren.
Enstanden ist die hohe Biodiversität im Berggebiet unter anderem durch die grossen Höhenunterschiede vom Tal bis hinauf ins Gebirge sowie durch die topografisch kleinräumige Gliederung der Landschaft. Dadurch sind die Alpen ein Mosaik an verschiedenen Lebensräumen, was zu einer grossen Artenvielfalt führt. Der Begriff der Biodiversität bezeichnet dabei nicht nur die Artenvielfalt bei Pflanzen und Tieren, sondern eben auch die Vielfalt der Landschaftsnutzung sowie die genetische Vielfalt bei Pflanzen und Tieren.
Zentral für die Biodiversität sind die Landwirte. Seit 5000 Jahren lassen Bauern ihr Vieh oberhalb der Waldgrenze weiden, später rodeten sie die Talhänge, entsumpften die Talauen, legten Flurwege an und schufen so die vielfältige Kulturlandschaft. Dank der jahrhundertelangen landwirtschaftlichen Nutzung ist die alpine Biodiversität besonders reich. 2500 Pflanzenarten wachsen beispielsweise alleine in den Schweizer Alpen, 4000 sind es im gesamten Alpenbogen. Dazu kommen 30 000 Tierarten, viele davon Insekten. „Die Alpen sind ein Refugium der europäischen Biodiversität“, betonte Professor Stöcklin.
Doch wie bereits oben angetönt, ist der Landschaftswandel in den Alpen enorm. Seit 1950 findet im Berggebiet durch die Nutzung der Wasserkraft, den Tourismus und die Rationalisierung der Landwirtschaft ein Umbruch statt. Die moderne Kulturlandschaft wird intensiver genutzt, die Maschinen und die Kühe werden schwerer, Hecken gelten teils als Hindernis: Verschiedene Landschaftselemente und mit ihnen die charakteristischen Lebensräume verschwinden dadurch. Je höher man heute geht, desto stärker nimmt auch die Waldfläche zu, da schwieriges, arbeitsaufwändiges Gelände nicht mehr bewirtschaftet wird. Dies ist besonders verheerend, da genau diese Flächen besonders artenreich sind. „Die Qualität und Vielfalt der Alpenlandschaft sind kein selbstverständliches Nebenprodukt der Landwirtschaft mehr“, so Professor Stöcklin. Darum brauche es Änderungen bei den Direktzahlungen, um die ökologischen Leistungen stärker zu honorieren und damit die Biodiversität im Berggebiet zu erhalten.
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Karin Enzler
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Weitere Informationen zum
Parc Ela auf www.Ausflugsziele.ch
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